Wat Kaal Vam Ebbe Mejnt

Schützenkonzert in der Stadthalle Meinerzhagen 1996

Wie Karl vom Ebbe einmal das Freibier verpasste und es doch nur halb so schlimm war; wie der Bürgermeister Streit schlichtet und wo viel Menschenverstand zusammen kommt.

Leute und Alles, was war ich in Not, 
als ich heute morgen aus dem Bett sprang.
Die Sonne, sie stand schon ziemlich hoch 
und schien mir geradewegs ins schläfrige Auge.


Hatte ich denn nicht – darauf war immer Verlass – 
dem Ackermann seinen aufdringlichen Hahn gehört? 
Nichts war zu hören, nur das Blöken von Schafen, 
Donner und Teufel, ich hatt’ mich verschlafen.


In all den Jahren war mir das nie passiert, 
zur rechten Zeit war ich ausstaffiert 
mit Mütze, mit Krückmann und Blumen am Stock, 
und im Schrank, da hängt mein blauer Kittel. 

Und nun dieses Malheur, was sind das für Sorgen,
wer verschläft sich denn am Schützenfestmorgen?
Gewiss, gestern Abend die Sauferei
war etwas mehr als der Eichstrich vom alten Knigge.
Darüber woll‘n wir uns nicht weiter auslassen,
das kann doch ’n Schützen nicht aus den Schuhen schmeißen.

Nun aber raus aus der Kiste – es ist nun mal passiert,
es wird nicht mehr lange rumdiskutiert:
Mit einem Griff hatte ich all das,
was die Meinerzhagener Schützen so einmalig macht.


Im Laufen würde mir das wohl gelingen,
mein rotbuntes Tuch um den Hals zu binden,
und als ich brachte meine Beine in Gang,
da hörte ich den Böller vom Ebbehang. –

Es schoss mir durch den Kopf – nun stehe ich hier:
Im Dorf marschieren sie – und ich, ich bin nicht dabei?
Jahr für Jahr zog ich mit durch die Straßen
nicht einen einzigen Zug habe ich ausgelassen.
Und wenn unser König zum Frühschoppen rief,
dann war ich es nicht, der das Freibier verschlief.

Heute morgen aber muss mir manches gelingen,
sonst sehe ich die Schützen nur noch von hinten.
Am besten – so war das schon bei den Soldaten –
sollte man sich auf die eigenen Beine verlassen.

Ich lief wie ein Hase an einem Streifen
strack über die Wiesen und runter in den Siepen
und blieb weit fort von dem Straßengewühle,
bei mir ging es jetzt über Hecken und Zäune.
Beinahe – es war zum Steckenzerbrechen – 
hätt’ ich mit `m Hintern im Kuhdreck gesessen,
und als ich dachte, ich hätte mich gefangen, 
da blieb ich mit der Hose im Stacheldraht hangen.

Oh Leute, das gab einen bösen Riss, 
ich wollt’ es nicht glauben, es war oben im Schritt.
Es dauerte eine Weile, ich hatt' recherchiert,
Gott Lob, das Schlimmste – es war nicht passiert.
Mein Onkel sagte schon vor vielen Jahren,
als wir noch immer auf Freiersfüßen waren:
Wenn du’s eilig hast und willst zum Feste,
dann ist der kürzeste Weg nicht immer der beste.

So war das auch hier; ich kam an die Dränke,
ich schaute mich um und sah leere Bänke,
keinen König, keine Fahnen, keinen Adjutant,
noch nicht mal `nen Blaukittel mit `nem Bier in der Hand.
In diesem Augenblick fühlte ich mich äußerst beschissen,
da stand ich nun, die Hose zerrissen,
der Schweiß läuft mir auf Teufel komm raus,
der Zug ist fort – ich platze vor Wut.

Nun versetz du dich mal an meine Stelle,
du wartest zwei Jahre auf dein Schützenpläsier,
und alles steht dann im schönsten Ornat,
nur du, du Penner, du kommst zu spät.
Und damit ist Schluss, was mir kaum einer glaubt –
das ganze Spektakel, ich hatt’ es geträumt.

Dieser Abend aber ist für mich ganz neu,
er hat nichts zu tun mit Träumerei.
Der Schütze will hier den Pulverdampf riechen,
den die Meinerzhagener bald so nötig brauchen.
Und wenn jetzt die Musik durch die Herzen zieht,
weiß jeder, das Schützenfest ist nicht mehr weit.
Gestern Abend, da habe ich die Streifen gemessen, 
noch 14 mal musst du Erbsensuppe essen,
und dann ist es da, wo alles drauf wart’,
das Superfest – wenn ganz Meinerzhagen lacht,
wo einer dem anderen mit Freuden pariert,
und alle zusammen in eine Richtung marschieren:
Dies ist dein Zuhause, deine heile Welt,
auch wenn sie vielleicht nur drei Tage anhält.

Wo findest du das noch in unserm Land,
so viel vernünftigen Menschenverstand?
Fang doch nur einmal von oben an,
wer streitet da nicht wie ein struppiger Hahn?
Sie schimpfen sich aus nach Lust und Laune,
das geht dann runter bis in die kleinste Gemeinde.
Doch *unser Bürgermeister, der will keinen Streit,
ich muss sagen, der schaut kilometerweit.
So manchen Disput hat er ausgesessen
und weiß, der Stadtrat ist oftmals zum Fressen.
Du sollst nicht glauben, was so alles passiert,
und vieles wird gar nicht ausdiskutiert.
Kaum glaubt man hier, sie verstünden sich bald, 
da haben sich andere schon wieder in der Wolle.

Wenn Du da nicht fit bist und passt nicht auf,
dann wächst dir die Sache glatt über den Kopf.
Wenn das *unser Bürgermeister auf sich zukommen sieht,
dann bringt er `ne Karte, die jedesmal zieht;
Alles, was sich muckst und staubt im Nest,
das schleppt er mit zum Schützenfest.
Und es dauert nicht lange, dann ist alles bekannt,
man trinkt auf König und Vaterland – 
fort ist das Gequängele mit all seiner Not,
nach 14 Tagen ist alles im Lot.

Du siehst, es lebt das Fest mit den grün-weißen Farben,
dass dies auch so bleibt, daran wollen wir schaffen.
Und marschieren unsere Kinder mal mit grauen Haaren, 
dann sollten sie sagen, so war es auch schon vor 50 Jahren!