Wat Kaal Vam Ebbe Mejnt

Karl vom Ebbe auf dem Schützenfest – Frühschoppen 1962

Was ein Schützenkönig lieber statt Gewerbesteuer zahlt und Karl vom Ebbe gerne einmal wieder essen würde; warum Gemeinderatsmitglieder Haare lassen und wie ein Ministerpräsident Leute hinter sich scharen könnte; was Bagger an der Oststraße machen und Omnibusse an der Hauptstraße.

Wenn ich so durch die Stuhlreihen geh’,
dann weiß ich, nun sind alle wieder da.
Wo findest du das noch einmal so wieder,
keiner ist mit dem anderen im Streit,
jeder sieht beim anderen nur das Beste,
auch das gehört zum Meinerzhagener Schützenfeste;
und ich seh’ unserem König seine Augen blinken,
da lasst uns ruhig einen drauf trinken. –
Prost!

Ich meine, diesen Morgen sollten wir das nicht vergessen:
König ist man nicht nur mit dem Kopf, –
vor allem mit dem Herzen!
Und dies hier, ich stelle mir das gerade so vor,
bezahlt er aber lieber als die Gewerbesteuer.
Hier wird noch alles akkurat verteilt,
man sollte nicht meinen, dass so etwas heutzutage noch geht,
bei keinem reicht der Arm etwas länger –
vom Bürgermeister bis zum Schliekefänger.

Die Schützen aber sollen ihren König feiern,
hier hat die „Alte Zeit“ noch ein Wort mitzureden
Mit dem letzten Schuss seiner Munition
knüpft er an ein gutes Stück Tradition.
Wohl denen, die sich an gestern erinnern können 
und ab und zu dann noch wissen, wo die Wiege stand.
Wer will heutzutage noch eine geflickte Hose tragen,
siehst du noch Kuhscheiße auf der Straße liegen?
Wer weiß noch, wie es ist, wenn man Waldbeeren sucht
und des Abends den vollen Korb für `n Schwarzbrot verkauft?
Wie gut haben früher die Misthaufen gestunken,
wer hat noch Milch von der Ziege getrunken?
Ist hier noch ein Lehrer, der die Kinder verkloppt?
Und einer, der seine Pfeife aus `ner Schweinsblase stopft?
Ich würde gerne wieder einen billigen Jakob hören rufen,
und bisse wieder mal gerne in einen Hafermehlkuchen. 
Früher hatte man einen Reisigbesen vor der Haustür stehen,
damit jeder wusste, hier brauchst du nicht reinzugehen.
Wie eine Burg musst du heutzutage dein Haus verrammeln,
sonst hast Du keine Jacke mehr am Haken baumeln.

So ist nun diese Zeit, sie ist ziemlich frech,
was da nicht hinpasst, das muss einfach weg.
Beim *Otto Hedfeld vorm Haus wurden die Bäume geschlagen,
damit musste ein schönes Stück Meinerzhagen gehn.
Wie viele es waren, das weiß kaum noch einer, 
da hat man nun Platz für ein paar kleine Italiener. 

Und noch eines, darüber sind wir uns im Klaren,
hier saßen schon unsere Alten vor vielen Jahren
und sprachen wie wir das kantige Platt, 
so hat so mancher mal eine Heimat gehabt.
Und sie träumen noch oft von den heimischen Dingen; 
bei uns aber sollen sie sie wiederfinden.
Sie gehören hier dazu, - nicht bloß als Gäste,
auch das gehört zum Meinerzhagener Schützenfeste!!

Als ich gestern Morgen so vom Ebbe runter kam,
da blieb ich beim *Pollmann an der Ecke stehn.
Wie war das nicht alles so schön dekoriert,
die Schützenleute  haben sich mit weißen Stulpen postiert,
fünf Mann haben im Park den Rasen gestutzt, 
das Amtsgebäude wurde auch von außen geputzt,
man sah nicht einen Fetzen mehr im Graben liegen,
der Gemeinderat hat sich die Haare schneiden lassen,
die Straßen sahen aus wie poliert.
Es hing auch wieder eine Fahne draußen vorm Wirth,
und wer meint, er gehörte unbedingt dazu,
der stand auch nun wieder an der richtigen Stelle.
Mit einem Wort, alles war wieder in seinem Element – 
ich glaube, nun kommt noch einmal ein Präsident. 

Was hat mir das damals leid getan,
ich sah es in der Zeitung stehen:
Nach Meinerzhagen war ein *Präsident gekommen,
ich hätte ihn mir ja gerne in Augenschein genommen.
Zum Schützenfest, dachte ich, würde er wiederkommen,
und hätt’ sich dafür ein paar Tage frei genommen.
Es war nun am Platze, das kann er ruhig wissen,
zufällig hatte keiner die Straßen aufgerissen.
Was sieht das dumm aus, wenn man wegen jedem Mist
den Graben noch einmal wieder aufschmeißt.
Und alles hätte so einen festlichen Klang,
das wäre gewiß kein schlechter Empfang.
Er könnte ja auch in der ersten Reihe gehen,
dann hätte er sie mal alle hinter sich stehen.
Das weißt du auch, beim Wacholder und Bier,
da versteht man sich besser, manchmal auch eher.
Ich hätte noch ne Backe voll mit ihm zu reden,
hier über so manches, auch über die Steuern.

Wenn man so raus in den Osten geht,
und kurz hinterm *Lüsebrink seinem Versandhaus steht,
dort wo man den Eichen ein paar Stiefel anzieht,
aus Beton gemauert, was man selten sieht,
dann liegt dort eine Steinwüste rechter Hand,
das ist so ein bisschen mit dem Mond verwandt.
Ich sagte dieser Tage noch zu meinen Kindern:
Das ist das „Cap Canaveral“ von Meinerzhagen.
Oft habe ich daran herumstudiert,
ich hörte, hier würden Bagger ausprobiert,
wenn du meintest, der Dreck läge an der richtigen Stelle,
dann kam ein anderer und verschob ihn wieder.
Das soll aber, so hörte ich von einigen Herren, 
eines Tages doch noch ein Stadion werden.
Ich meine, man sollte auch schleunigst dafür sorgen,
ich traf den *Heußner Adolf heute Morgen:
Hier läuft er noch gerne die „1000-Meter-Bahn“.
Mehr als 10 Jahre aber sollte man nicht mehr warten. 
Noch haben wir ein paar Sportler, sie stehen noch wie Bäume,
schau den alten *Reips an, den *Welter 
und auch  den *Schulten Öümen.
Hier sollte man das ruhig einmal sagen,
da kann sich manch einer ne Scheibe von abschneiden.
Mit dem Maul können sich so viele einen Lorbeer binden,
die habe ich aber noch nie auf dem Sportplatz gefunden. –
Und eines Tages, das ist so sicher wie was,
dann wird aus dem Stadion ne Rennbahn gemacht.
Das bringt demnächst unsere Zeit so mit sich,
wenn alle Blagen mal ein Auto haben.
Zum Jagen ist Meinerzhagen dann viel zu klein,
das soll dann hier auf der Rennbahn geschehen,
da muss jeder wissen, was er tut,
und keiner sagt mehr: Der ist nicht gescheit.

Und noch was hätte ich gerne dem Präsidenten gesagt,
da haben auch die Ratsherren noch nie dran gedacht:
Was soll das, wenn man die Leute zum Sparen anhält,
und dann ein „Halteverbot“ vor die Sparkasse stellt.
Da kann der *Erhard noch so schimpfen,
wer will da noch `nen Groschen zur Kasse bringen.
Der *Ulrich  meinte nun: „Gott Lob und Dank,
so geht es zum Glück auch der Deutschen Bank.“
Nun sieh auf die andere Seite, was da passiert,
vor der Dränke, beim *Vogelsang, *Killing und *Wirth,
da kannst du halten, wann du willst,
sogar mit `nem ganzen Omnibus.
Und kontrolliert hier mal einer seinen Kontostand,
dann hättest du das Wirtschaftswunder aus erster Hand.

So, und wenn du nun deinen blauen Kittel ausziehst
und in Gedanken noch einmal den Schützenzug siehst
mit den bunten Blumen und dem Königswagen, 
mit Raketen, die hoch über die Häuser jagen,
wenn es dir dann ein bisschen warm ums Herz wird,
so glaube nicht, dass es dir nur alleine so geht.
Das Fest geht zu Ende, dies ist noch der Rest  
vom schönen Meinerzhagener Schützenfest!

Das Schützenkönigspaar 1960/62 mit Hofstaat:  Lucia Metz und Karl-Wilhelm Nockemann
Das Schützenkönigspaar 1960/62 mit Hofstaat: Lucia Metz und Karl-Wilhelm Nockemann