Wat Kaal Vam Ebbe Mejnt

Karl vom Ebbe auf dem Karnevalsabend der Kulturgemeinde 1967

Was Sauerländer am Frohsinn hindert und wozu Zwillinge im Geiste zu gebrauchen sind; wie man auf einem Amtsschimmel nach oben strebt und Sparen eine Tugend sein kann; womit man Neckermann beschäftigen könnte und warum Bürgermeister sein kein Zuckerschlecken ist; was an Meinerzhagen toll ist und was immer noch fehlt.

Nun ist es so weit: Kaum ist man hier unten,
hat man mir bunte Streifen um den Hals gebunden.
Ein paar Schnäpse habe ich auch schon bekommen, 
und damit soll ich nun Karneval feiern. –
Das habe ich früher nicht gekannt,
damals da hatten wir noch Ruhe im Land,
hier gab es kein Alaaf, Helau und so ein Gesause,
jeder blieb, wenn’s eben ging, mit dem Hintern zuhause.
Und wenn sie sich am Stammtisch ein bisschen länger belogen,
konnte es passieren, dass zuhause die Funken flogen.
Da haben wir dann Karneval mit Tamtam und Geschmuse
beim eigenen Funkenmariechen im Hause.

 

Es ist nicht so einfach, aus einem westfälischen Holzstock
so schnell mal eben einen Jecken zu machen.
Eher kriegst du einen Affen dazu, über Politik zu schimpfen,
als einen richtigen Sauerländer zum Grinsen zu bringen.
Und wenn er dann Anstalten zu Lachen macht,
meinst du, es wär einem die Hose gekracht.
Generationen haben das schon so gekannt:
das saure Maul gehört einfach zum Sauerland.
Warum sind wir dafür prädestiniert?,
fragte ich mal welche, die haben das studiert.
Sie meinten, daran seien die vielen Schnäpse Schuld,
bloß *die aus der Krim wollten davon nichts wissen.
Sie würden uns raten, fahrt an den Rhein,
da sind sie lustig, das mache der Wein.
Ob das alles so stimmt, ist mir nicht bekannt,
ich weiß nur, wir wohnen im Wacholderland.
Und wenn wir den trinken auf unseren Festen,
sind wir lustig, das wissen die Schützen am besten.
Darum, glaube ich, kann man nichts daran machen,
die Briemule ist jedem seine eigene Sache.
Heute Abend aber, da wird strikt darüber gewacht,
dass jeder Zweite einmal lacht.
Wenn der Karneval dies auf die Beine stellt,
ist es mir egal, was man sich darüber erzählt.
Und dem *Langemann sage ich, da soll er drauf schauen: 
Der Karneval gehört in den Heimatverein.
Man muss sich ja schämen; wie man sieht,
macht Meinerzhagen ja sonst jeden Dreck.
Hier fehlt noch, was man in vielen Städten sieht,
dass ein Karnevalszug durch unsere Straßen zieht.
Es wäre doch was Neues, was wir doch stets praktizieren,
womit wir den Namen von Meinerzhagen exportieren.
Es fehlt uns nun bald wieder so richtig was Tolles,
die Sprungschanzen sind ja auch schon was Altes.
Ich meine, so ein schöner Karvenalswagen
wäre auch mal was für unsere Blagen.
Mit einem Präsidenten drin, das wäre doch schick;
ich denke hier an den *Wolfgang Dick.
Er säße so schön breit in seinen Kissen
wie eine Filiale von *Thomas Lissen.
Und es wäre auch hier wie zu jeder anderen Zeit:
Wo der Dick einmal ist, ist der *Nolte nicht weit.
Sie können sich dermaßen gut beriechen,
wenn man den einen will, muss man beide nehmen.
Dieses Duo ist in Meinerzhagen so gut bekannt,
man hat sie beide dann auch zu Stadträten gemacht,
und beide bekommen, das ist ja gelungen,
wie jeder andere den Mund zugebunden.

Als Beigeordneter, das müsste man dem *Storbeck mal sagen,
kann er sicher am besten den Amtsschimmel reiten.
Darüber hat er sich schon Gedanken gemacht
und sich mit *Franz Pohl in Verbindung gesetzt.
Der meinte aber, er solle noch etwas warten,
er säße noch nicht fest genug im Sattel,
und solle dafür sorgen, dass ihm jemand den Steigbügel hält,
sonst könnt’ es passieren, dass er schnell wieder runter fällt.
Der Sattel wäre so ein altes, durchgesessenes Stück,
das stammte ja noch vom *Sichelschmidt.
Solange man in Meinerzhagen noch rote Zahlen schriebe,
ist es besser, wenn man auf dem Stuhle sitzen bliebe.

Ja Junge, weißt du, ich sehe nicht schwarz,
aber so 'n Hintern breit haben wir uns in die Nesseln gesetzt.
Wenn wir hinten nicht mehr richtig hochkommen,
dann sind wir das alle ziemlich selber Schuld.
Du kannst auch heutzutage mit den modernsten Dingen
noch nicht über deinen eigenen Schatten springen.
So mancher wäscht sich Montagmorgens die Hände
und denkt: ‚Für mich ist die Woche zuende.’
Arbeit und Haushalten, das ist so sicher wie was,
das haben sie uns schnell wieder begreiflich gemacht.
Und es gibt so manch einen, den sollte man lehren,
ob man will oder nicht, man muss sparsam werden.
Der Kulturverein hat das als erster erkannt:
Er gab uns gestern Abend direkt bekannt,
die hohen Spesen und die Supergagen,
die lägen nun zukünftig auf anderen Etagen (Niveau):
Es gebe einen Kasten Bier für den Gesangsverein,
und dafür singen sie dreimal das Mädchen am Rhein.
Ich bin froh, es gibt Leute, die können das hassen,
wenn man meint, die Freude am Abend könne bloß mit der Geldbörse wachsen.

Und noch etwas, worüber wir uns freuen können,
dass wir bald eine Stadthalle bauen wollen.
Das ist so wichtig für die kulturelle Welt;
was uns im Augenblick fehlt, ist das Geld.
Ich hörte, so ein Ding wäre aber ziemlich teuer,
da täte die Stadthallen GmbH die Hand für ins Feuer.
Sie waren der Meinung, als sie zusammen saßen,
sich mal ein Angebot von Neckermann machen zu lassen.
Der stelle so viele Häuser auf,
und die Sache wüchse uns nicht über den Kopf.
Eines aber ist sicher, - der Bau muss her,
es kommt so viel Kultur auf uns zu;
in der Schulpforta, oben auf der Inselseite,
studiert nun bald Deutschlands Elite.
Vorn paar Tagen hatte ich Glück, mit ihrem Pförtner zu reden,
er war noch einer aus alten Mauern.
Er erzählte mir so viel und zeigte mir ein paar Belege,
er war lange Jahre Pförtner – bei Abrie & Kühne.

Und noch einen habe ich dieser Tage getroffen:
Es war hinten beim Theile, die Tür war noch offen.
Ich dachte, trink noch ein Bier vorm nach Hause gehen,
da sah ich den *Bürgermeister an der Theke stehen. –
Wer sich den ganzen Tag das Gerede von Leuten anhört,
für den ist abends eine Tulpe Bier was wert.
Ich hörte, er müsse oft arbeiten wie ein Verrückter,
dann wäre das gerade noch auszuhalten.
Bürgermeister zu sein, das wäre schwer zu beschreiben
in einer kleinen Stadt mit Superlativen:
Wir sind ja schon lange, trotz einiger Witze,
in vielen Dingen die absolute Spitze.
Wir können nicht nur hohe Häuser vorweisen,
wir haben auch die höchsten Grundstückspreise.
Den modernsten Stadtplan haben sie hier herausgebracht,
der ist mehr als Gesellschaftsspiel gedacht:
Um sich ein wenig die Zeit zu vertreiben, 
kann man selber die Straßen in die Karte schreiben.
Und bei Fuchs haben wir die größte Presse zu packen,
mit der kann man die dicksten Nüsse knacken.
Bis jetzt war die Schanze unser größter Stolz,
die bis jetzt auch die größten Unkosten fraß.
Bloß eine Bedürfnisanstalt, die haben wir noch nicht,
man besprach es dieser Tage mit *Oberbaurat Schmidt.
Der meinte, das müssten wir nun langsam mal wissen,
sonst hätten wir bald ausgeschissen. 

Ich weiß nicht, mir war so ein wenig beklommen,
mit meiner Kiepe in eine richtige Stadt zu kommen.
Ich hörte, es wäre bei diesen Stadt-Leuten so Mode,
die trügen ihre Nase oft so hoch
und ließen sich von dieser Atmosphäre so treiben;
ich will aber gerne der „Karl vom Ebbe“ bleiben.
So komme ich zum Schützenfest jahrelang,
nicht zu verwechseln mit dem „Boten vom Ebbehang“. –
Viel schöner ist es, wenn man zusammen singt,
als wenn einer dem anderen ins Gesicht springt.
Mir scheint, gemütlich ist’s in diesem Rahmen,
und grüße die junge Stadt mit „Guten Abend zusammen“. 

Wacholder, Baum des Jahres 2002, vor  der Behandlung durch Krugmann:  So sieht Wacholder aus, bevor er in  Flaschen gefüllt wird - viele Meinerzhagener kennen Wacholder so  nicht
Wacholder, Baum des Jahres 2002, vor der Behandlung durch Krugmann: So sieht Wacholder aus, bevor er in Flaschen gefüllt wird - viele Meinerzhagener kennen Wacholder so nicht